DevOps ist in aller Munde. Während sich die einen enthusiastisch Wunder erhoffen, sind andere desillusioniert und sehen den nächsten Aktionismus über sich hereinbrechen.
Software schneller zu releasen und trotzdem hohe Qualität zu erreichen ist nicht einfach und erfordert eine vielfältige Abstimmung zwischen Entwicklung und Betrieb.
Am 23.11.2015 steht die STI-Jahrestagung am Fraunhofer IESE unter dem Motto „DevOps – Zwischen Euphorie undRealismus“.
Ich werde einen Vortrag mit dem Titel „4 Fragen, die Sie beantworten müssen, bevor Sie DevOps einführen„ halten. Dabei geht es um grundsätzliche Fragen, die man bei allem Optimismus klären sollte und die jedem helfen, die vielfältigen Optionen und Möglichkeiten, die das Paradigma DevOps bietet, besser gedanklich zu sortieren.
Die WICSA 2015 fand vom 04. bis 07. Mai zusammen mit der CompArch in Montreal statt.
Das gesamte Programm war sehr abwechslungsreich und beleuchtete viele Facetten rund um Softwarearchitektur. Das ausgerufene Konferenzthema war „Architecting in Context“, insgesamt gab es aber keine dominierenden thematischen Schwerpunkte. In meinem Bericht greife ich deshalb einfach Themen und Vorträge auf, die mich am meisten angesprochen haben.
Clemens Szyperski hielt am Auftakttag im Rahmen der WCOP eine Keynote „Maintaining composure: The long journey along the path of compositional software engineering”. Sein Hauptfokus waren kompositionale Aspekte in der Softwareentwicklung, von der Komposition von Funktionen über Komponenten bis hin zu Services. Eine interessante Beobachtung dabei ist, dass Komposition in der Softwareentwicklung immer nur ein Einbinden von ausgelagertem Code ist, wenn auch auf unterschiedlichen Größenordnungen. Das steht im Gegensatz zu Komposition z.B. im chemischen Bereich, wo tatsächlich andere Verbindungen entstehen können durch chemische Reaktionen. Das einzige Beispiel aus der Softwareentwicklung, das etwas anders ist, ist die Aspektorientierung. Die hat Clemens aber nochmal besonders im Hinblick auf Komposition hervorgehoben: Sie funktioniert zuverlässig eigentlich nur, wenn man nur einen Aspekt einwebt, und somit keine Interaktion zwischen Aspekten hat. Somit ist die Komponierbarkeit „etwas eingeschränkt“.
Clemens hatte noch einen weiteren sehr interessanten Aspekt in seiner Keynote: Er verglich das Architekturdesign mit „negativem Zeichnen“ („negative space drawing“). Dabei zeichnet man nicht das eigentliche Objekt, sondern alles außenrum, sodass das Objekt dadurch sichtbar wird. Negatives Zeichnen bewirkt im Gehirn andere Denkprozesse und arbeitet das zu zeichnende Objekt anders heraus. Bezogen auf Softwarearchitektur stellte Clemens heraus, wie ein Softwarearchitekt nicht die konkrete Lösung vorgibt, sondern eher Pfeiler einschlägt, indem er vorgibt, wie gewisse Aspekte auf keinen Fall umzusetzen sind. Ganz im Sinne einer Keynote führte dies zu sehr angeregten Diskussionen, die auch noch am Nachmittag in einer Working Session fortgesetzt wurden. Wir kamen zu dem Schluss, dass der veränderte Blickwinkel auf die Erzeugung von Architekturentscheidungen durchaus nützlich sein kann, dass aber umgekehrt auch viele Fragen offen bleiben, wie z.B. die nach der geeigneten Dokumentation von so getroffenen Architekturentscheidungen. Wie bei so vielen Analogien zu Softwarearchitektur hatten wir am Schluss den Eindruck, dass sie in einigen Bereichen sehr nützlich sein kann, aber doch auch viele Limitierungen hat.
Len Bass hielt eine Keynote “Design for Deployment”. Das dahinterstehende Ziel ist eine schnelle Time-to-Market für neue Features und damit verbunden die Fähigkeit zu schnellen Releases. Len schloss damit an die Themen „DevOps und Microservices“ der SATURN an. Er arbeitete heraus, dass für eine hohe Releasehäufigkeit die Abstimmung zwischen Teams reduziert werden muss. Dazu arbeiten Teams eigenverantwortlich an einem klar definierten Systemteil (Microservice) und interagieren mit den Systemteilen der anderen Teams über klar definierte Schnittstellen. Das stellt eine sehr konsequente Umsetzung von Conway’s Law dar. Über einen hohen Automatisierungsgrad im Test und die integrierte Verantwortung für Entwicklung und Betrieb (DevOps) kann dann die hohe Releasehäufigkeit erreicht werden. Len stellte weitere Implikationen für die Architektur heraus, z.B. Aspekte wie Zustandslosigkeit von Services, um sie möglichst gut skalieren zu können. Ein zentrales Thema in der Keynote war auch das Upgrade von Services auf neuere Versionen und was das im Zusammenspiel mit anderen Services und für die Realisierung von neuen Features bedeutet. Len stellte dafür Strategien vor und erläuterte die Rolle von Feature Toggles, mit denen ein Feature global oder selektiv freigeschaltet werden kann, wenn das Deployment abgeschlossen ist. Auch die Nutzung von Feature Toggles für sogenannte Canary Tests (bei denen neue Features mit einer ausgewählten Submenge der Gesamtnutzer vorsichtig getestet werden) arbeitete Len heraus. Len hielt wie immer einen Vortrag von hoher praktischer Relevanz, in dem er sowohl die dahinterliegende Motivation als auch die Architekturkonzepte und konkrete Umsetzungstechnologien klar herausarbeitete.
Jan Bosch hielt eine mitreißende Keynote „From Opinions to Facts: Building Products Customers Actually Use”. Wer Jan schon einmal auf der Bühne erlebt hat weiß, dass seine Vorträge extrem unterhaltsam und mit sehr vielen konkreten Beispielen illustriert sind. Seine Kernaussagen waren
„Kunden wissen nicht, was sie wollen. Deshalb ist es nötig, schnell Experimente machen zu können.“ Dazu zitierte er natürlich Henry Ford: „If I had asked people what they wanted, they would have said faster horses.”
„Eine schnelle Time-to-Market ist absolut essentiell und ein entscheidender Wettbewerbsvorteil, und unabdingbar für schnelle Experimente.“
Jan illustrierte sowohl den Wert von schneller Time-to-Market als auch methodische und architekturelle Aspekte, um sie zu erreichen. Architekturell schließt sich das an die Keynote von Len Bass an und greift DevOps und Microservices Ideen auf. Er sieht Architekten als Coaches direkt in den Entwicklungsteams, die meist auch noch direkt mitentwickeln. Jan betonte, dass wirtschaftlich eine schnelle Time-to-Market auf jeden Fall einen höheren Wert hat als Geld einzusparen durch eine höhere Produktivität. Er beschreibt eine 5-stufige „stairway to heaven“:
Traditionelle Entwicklung
Agile Entwicklung
Continuous Integration
Continuous Delivery
R&D als ein Innovationssystem mit schnellen Experimenten
Um Kunden genau die Produkte und Features liefern zu können, die sie brauchen und nutzen, läuft es auf das schnelle Experimentieren heraus: der Produktanbieter beobachtet die Nutzer bei der Produktnutzung und fährt auch direkte Vergleiche von Systemvariationen (A/B-Tests). Dies ist nur möglich, wenn der Produktanbieter neue Features und Variationen sehr schnell releasen kann. Um dies zu erreichen müssen strategische, methodische, organisatorische, und architekturelle Aspekte der Entwicklung und des Betriebs optimal aufeinander abgestimmt werden. Jan überraschte in seiner Keynote damit, dass er mit seiner Gruppe aktuell daran arbeitet, diese Art des schnellen Experimentierens nicht nur für Internetfirmen nutzbar zu machen sondern auch für eingebettete Systeme wie Autos, wo er mit Volvo kollaboriert.
Ian Gorton stellte eine sehr interessante Arbeit zum Thema Architekturwissen und Wissensmanagement vor: Während Technologien häufig sehr ausführlich in Bezug auf ihre Benutzung beschrieben werden, findet man fast nie eine gute Beschreibung der architekturellen Implikationen. Ian stellte dazu am Beispiel von aktuellen Big Data Technologien vor, wie solches Wissen aufbereitet und bereitgestellt werden kann. Dazu wurde am SEI eine Erweiterung zu MediaWiki erstellt, was Konzepte wie Architekturtreiber und Architekturentscheidungen aufgreift und im Sinne strukturierter Daten erfassbar macht. Das Wiki führt durch die Erfassung und Dokumentation architekturrelevanter Aspekte und macht das Auffinden leicht. Initial gefüllt ist das Wiki mit dem Namen QuABaseBD mit Architekturwissen zu Big Data Technologien. Nach wie vor ist das Erstellen solchen Wissens mit sehr viel Aufwand verbunden und es ist schwierig, die richtige Abstraktionsebene zu finden, um im konkreten Nutzungsfall dem Architekten die richtigen Antworten zu liefern. Es ist definitiv noch einiges an Forschung nötig, um die richtige Art der Informationserfassung, -aufbereitung, -suche und –verwendung von Architekturwissen zu bestimmen.
Eltjo Poort hat untersucht, inwiefern sich die Einbeziehung von Architekten in der Projektanbahnungsphase auswirken kann. Er arbeitet für die niederländische Firma CGI, die viele Softwareprojekte mit Festpreisangeboten anbietet und deshalb auf eine präzise Kostenschätzung angewiesen ist. Eltjo stellte eine Methode vor, in der Projektmanager, Kostenschätzungsexperten und Architekten zusammenarbeiten, um zu einer Kostenschätzung zu kommen, die möglichst präzise ist. Dazu wird eine erste grobe architekturelle Zerlegung des Systems vorgenommen, um mit diesem Wissen bessere Schätzungen machen zu können. Dazu konnte er auch aus einer wissenschaftlichen Untersuchung Zahlen präsentieren: In untersuchten Projekten kam es zu deutlich weniger Budgetüberziehungen (3% statt 22%) und weniger Zeitüberziehungen (8% statt 48%) wenn entsprechende Architekturarbeiten in der Kostenschätzung durchgeführt wurden.
Ich hielt meinen Vortrag als Plädoyer dafür, Daten mehr Aufmerksamkeit beim Architekturdesign zu widmen. Das mag in Zeiten von Big Data erst mal grotesk erscheinen. Betrachtet man aber Daten in einer Architekturbeschreibung, so beschränkt sich das meist auf einen Datenmanagement-Layer mit Datenbanken und ein Datenmodell. Das wird dem Einfluss von Daten auf das Architekturdesign und die Erreichung von Qualitätseigenschaften nicht annähernd gerecht. Insbesondere der Einfluss auf User Experience und Performance und natürlich auf Security ist enorm. Um die richtigen Daten zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu haben, müssen Architekten sich bedeutend mehr Gedanken machen als eine Datenbank auszuwählen und ein Datenmodell zu designen. Am Beispiel eines Projekts von John Deere und Fraunhofer IESE haben wir gezeigt, wie vielfältig die Anforderungen und geforderten Qualitätseigenschaften sich um Daten drehen, und welche Architekturentscheidungen dafür getroffen wurden. Dabei ging es um Themen wie Inter-App-Kommunikation, Offline-Fähigkeit, Mandantenfähigkeit, Mehrsprachigkeit uvm. Im Anschluss gab es in der Working Session eine angeregte Diskussion zum Thema, die eine breite Mehrheit dafür fand, dass Daten wirklich mehr Aufmerksamkeit brauchen (und wir reden hier nicht davon, dass man den derzeit allgegenwärtigen Einsatz von Big Data Technologien fordert: dann wird nämlich oft genau der gleiche Fehler gemacht ;-).
Ian Gorton, Jean-Guy Schneider, Len Bass, Patricia Lago und Ralf Reussner diskutierten in einem teils humoristisch und teils ernst geführten Panel „Future Directions for Software Architecture Research”. Aus dieser Diskussion gebe ich hier nur einige Ausschnitte wieder.
Die Forschung zu Softwarearchitektur soll …
… endlich die großen Probleme angehen und nicht nur die „low-hanging fruits“ ernten (Ian Gorton)
… sich mehr um aktuelle innovative Themen kümmern, wie z.B. die „16 Dinge“ von Andreessen Horowitz (von Len Bass ins Spiel gebracht mit einer Vorauswahl)
„16 Dinge“ von Andreessen und Horowitz (http://a16z.com/2015/01/22/16-things/)
… sich noch mehr um verschiedene Sichten auf Softwaresysteme kümmern und wie diese konsistent gehalten werden können (Ralf Reussner)
… sich mehr damit auseinandersetzen, was die kognitiven Limitierungen von Menschen im Engineering sind und wie Methoden und Tools deshalb gestaltet werden müssen (Ralf Reussner)
… sich mehr um das Thema Skalierbarkeit kümmern, insbesondere vor dem Hintergrund wie große skalierbare Systeme getestet werden können (Jean-Guy Schneider)
… sich mehr um die Integration in den gesamten Entwicklungsprozess und den Lebenszyklus von Systemen kümmern
… mehr zusammenarbeiten und auch fokussieren, um von zu vielen isolierten Forschungsinseln wegzukommen
… durch Benchmarks und Vergleichbarkeit von Methoden sich gegenseitig zu neuen Ideen anstacheln
… gemeinsam Architekturwissen sammeln, aufbereiten und der Praxis zugänglich machen, um mehr Einfluss zu gewinnen
Die WICSA 2015 war eine sehr kurzweilige Veranstaltung mit vielen interessanten Denkanstößen und Erkenntnissen. Der Modus einer „Working Conference“, das heißt mit Impulsvorträgen und dann längerer Diskussion, führte zu sehr angeregten und tiefen Diskussionen, manchmal sogar zu Grundsatzdiskussionen des Software Engineering. Umso wichtiger ist aber auch die aktive Teilnahme des Publikums, das sich heute manchmal eher hinter dem Laptop versteckt als aufmerksam zuzuhören. Einer der Session Chairs hat vorgemacht, wie das umgangen werden kann: Er hat alle Zuhörer nach vorne geholt und Laptops für unerwünscht erklärt – und damit die diskussionsreichste Session der Konferenz ermöglicht.
2016 wird die WICSA wieder zusammen mit der CompArch stattfinden, dann in Venedig. Ich freue mich schon drauf!
Die SATURN 2015 des Software Engineering Institute (SEI) fand vom 27. bis 30. April in Baltimore statt. Die Konferenz war mit mehr als 200 Teilnehmern die bestbesuchte SATURN bisher und wurde ihrem Anspruch, eine Community für Praktiker zu sein, vollends gerecht. Eine gelungene Mischung aus Tutorials, eingeladenen Vorträgen, Keynotes und lustigen Events machte die Entscheidung schwierig, welche Session man am besten besuchen sollte.
Inhaltliche Schwerpunkte waren diese Themen:
DevOps und Microservices
Architektur im Spannungsfeld zwischen Business und Entwicklern
Technical Debt und Modernisierung
Agilität und Architektur
Netflix ist derzeit das meistzitierte Beispiel für den erfolgreichen Einsatz von Microservices. Getrieben durch Anforderungen wie niedrige Time-to-Market, schnelle Releasefähigkeit (Continuous Delivery) und hoher Parallelisierung der Entwicklung haben sich Microservices entwickelt und sind weiter auf dem Vormarsch.
Dabei sind Microservices weit mehr als ein weiterentwickelter Architekturstil (basierend auf Service-Orientierung), zumindest dann, wenn die genannten Anforderungen wirklich erreicht werden sollen. Microservices machen sehr stark deutlich, wie sehr es auf das Zusammenspiel von Systemarchitektur, Organisationsstruktur und Prozessen ankommt. Gemäß Conway’s Law gibt es eine Abstimmung zwischen Systemstruktur und Organisationsstruktur, nämlich die Zuordnung von Verantwortlichkeiten für Microservices auf Teams. Darüber hinaus ist dann ein Team nicht nur für die Entwicklung, sondern auch den Betrieb des Services zuständig, was dann unter dem Begriff DevOps bekannt ist. Dadurch dass mittlerweile die komplette Betriebsinfrastruktur als Cloud-Service bezogen werden kann, können sich die Entwicklungsteams somit rein auf den Applikationsbetrieb fokussieren.
Len Bass zeigte auf, was architekturell beachtet werden muss, um Microservices und DevOps umzusetzen, z.B. das Deployment von Microservices, die Abbildung auf Teamstrukturen oder der Umgang mit Upgrades,. Sam Newman (ThoughtWorks) stellte Prinzipien vor, die bei der Umsetzung von Microservices helfen, z.B. Modellierung nach Business Domains, Kultur für Automatisierung, Dezentralisierung, unabhängiges Deployment, Fehlerisolation und hohe Beobachtbarkeit.
Ein weiterer eng mit Microservices und DevOps verbundener Trend ist der Einsatz von Containern, in denen Ausführungsumgebung und Applikation gepackaged sind und dann einfach nur komplett auf Hardware deployed werden können (z.B. mit Docker). Dieser Trend setzt auf dem schon länger anhaltenden Trend zur Virtualisierung auf. Ein Vortrag von Google gab Einblicke in die Praktiken bei Google, wie dort die Verwaltung von Hardware und Infrastruktur durchgeführt wird. Große Teams sind nur für die Entwicklung Bereitstellung der Google-eigenen Infrastruktur zuständig, mit Hilfe derer dann riesige Mengen von Maschinen automatisch mit der richtigen Software versorgt werden können. Dazu kommen dann ganze „Produktionslinien“ zum Einsatz, um die entsprechend konfigurierten Container zu erzeugen („Image Bakery“). Unter dem Stichwort „Immutable Infrastructure“ versteht Google, dass solche Container nie wieder verändert, sondern immer wieder neu erzeugt werden.
Anhand der Beispiele Netflix, Google, etc. wird klar, dass sich insbesondere sehr große Firmen aus dem Internetbusiness derzeit leisten können, so massiv in die umgebende Infrastruktur und die Prozesse zu investieren, um Qualitätsattribute wie Time-To-Market zu erreichen. Trotzdem wird durch die immer besseren Cloudangebote auch ermöglicht, dass auch kleinere Firmen davon profitieren können.
Die Diskussion um Microservices war so stark präsent auf der SATURN, dass sie sich teilweise zum Running Gag entwickelte. Simon Brown (selbständiger Berater) hat das Thema in seinem Vortrag auch aufgegriffen und folgendermaßen diskutiert: „Wie möchten Firmen, die derzeit noch nicht einmal ihr System richtig strukturiert bekommen, das komplexe Geflecht aus Services, Prozessen und Organisationsstruktur meistern?“. Microservices kann man nicht als Technologie kaufen und man kann sie nicht von heute auf morgen einführen: Eine Organisation muss eine entsprechende Reife in der Architektur, in der Entwicklungsorganisation und in den Prozessen aufbauen und aufeinander abstimmen.
Gregor Hohpe (Allianz) charakterisierte in seiner Keynote einen Architekten unter anderem dadurch, dass er im Aufzug zwischen verschiedenen Ebenen eines Unternehmens unterwegs ist, die im Extremfall vom Vorstand bis zum einzelnen Entwickler reichen. Dabei ist es Aufgabe des Architekten, sich an die Bedürfnisse der jeweiligen Stakeholder anzupassen und mit Ihnen in Ihrer Sprache zu kommunizieren.
Jochem Schulenklopper (inspearit) stieg dazu provokant ein: „Why they just don’t get it: Communicating Architecture to Business Stakeholders“. Genauso provokant ging es weiter: Weil die Architekten es ihnen nicht richtig erklären können. Er berichtete von Architekten, die sich einfach nicht auf die Sprache von Nicht-Informatikern einlassen wollen und keine Empathie für ihr Zielpublikum haben. Er zeigte Vorschläge von Darstellungsformen, die sich an der Sprache von Managern orientieren. Insbesondere hielt er ein Plädoyer dafür, dass Kommunikation eine so essentielle Aufgabe von Architekten ist, dass man den Aufwand nicht scheuen darf, für einzelne Zielgruppen und Vorträge individuell angepasste Darstellungen zu erarbeiten. Wiederverwendung von Diagrammen aus dem Modellierungstool ist hingegen oft nicht die richtige Wahl.
Eltjo Poort (CGI) arbeitete auch die Beziehung von Architekten zum Management heraus. In seinem Vortrag legte er insbesondere Wert auf die Kommunikation von Wert und Risiken, die sich aus Architekturentscheidungen ergeben und für Managemententscheidungen besonders relevant sind.
Simon Brown betonte in seinem Vortrag „Software Architecture as Code“ besonders die Beziehung zwischen Architektur und Entwicklern und stellte die Entwickler als die wichtigste Zielgruppe von Architektur heraus, weil sie die geplante Architektur ja umsetzen müssen. Er bemängelte, dass sehr häufig in der Praxis Architekturdiagramme erzeugt werden, die sehr schwer bis gar nicht auf den Code abzubilden sind, z.B. weil sie nur Laufzeitstrukturen zeigen, aber keine Sicht auf die Implementierung. Mit seinen 4Cs (Context, Container, Component, Class) stellte Simon seinen Ansatz vor, um die Lücke zwischen Architektur und Code überwindbar zu halten. Dabei stellte er die Wichtigkeit von Architecture-Evident Coding Styles heraus, die es zum expliziten Ziel haben, eine erkennbare Abbildung der Architektur im Code zu erzeugen. Simons Ansatz erfordert in der Praxis allerdings auch eine Ergänzung um Laufzeitaspekte, Datenaspekte, etc., die nicht Bestandteil des Vortrags waren.
In der Praxis sind technische Schulden nicht zu vermeiden: Es geht nur um die Frage, wie eine Firma damit umgeht. Ipek Ozkaya (SEI) und Robert Nord (SEI) hielten dazu ein Tutorial, in dem sie das strategische Management von technischen Schulden beleuchteten.
Technische Schulden können vielerlei Ausprägung haben, z.B. schlechte Codequalität oder auch mangelnde Dokumentation. Die schlimmsten Auswirkungen (weil am schwierigsten und aufwendigsten zu beheben) haben aber Defizite in der Architektur.
Häufig sind technische Schulden das Ergebnis davon, dass schnelle Auslieferung Vorrang hatte vor langfristiger Qualität. Wenn dieser Kompromiss gemacht wird, dann sollte er zumindest bewusst gemacht werden. An dieser Stelle kommt Architekten eine wichtige Rolle zu: Sie müssen sich häufig dafür einsetzen, dass nicht zu viele technische Schulden gemacht werden und regelmäßig aufgeräumt wird („Schulden zurückzahlen“). Insbesondere agile Entwicklungsorganisationen legen häufig zu viel Wert auf schnelle Featureproduktion, mit dem Ergebnis dass die Architektur vernachlässigt wird.
Ipek und Robert zeigten im Tutorial Ansätze zur Messung von technischen Schulden und zum aktiven strategischen Management. Dabei kommen bewährte Ansätze aus dem Bereich Softwaremetriken und Architekturbewertung zum Einsatz. Wie immer ist der schwierigste Teil dabei die geeignete Interpretation der Ergebnisse und die Ableitung von Maßnahmen.
Agile Softwareentwicklung hat ihren Weg in sehr viele Entwicklungsorganisationen gefunden. Dass das Anwenden von Methoden wie SCRUM oder Kanban dabei nur die halbe Miete ist, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Wie man agile Entwicklung aber um sinnvolle Engineering-Praktiken ergänzt ist weniger offensichtlich. Etliche Sessions haben sich auf dieses Thema fokussiert und Anregungen gegeben.
Eltjo Poort hat in „Agilizing the Architecture Department“ Anregungen gegeben, wie Architekten ihre Arbeit selbst mehr nach agilen Prinzipien gestalten können und wie sie ihre Architekturarbeit in den SCRUM-Prozess einbetten können.
Joseph Yoder (The Refactory) hat in Rückblick auf sein berühmtes Paper „Big Ball of Mud“ agile Prinzipien Revue passieren lassen und aufgezeigt, wie Entwickler mit viel Verantwortungsgefühl zu einer hohen Qualität beitragen können.
Mary Shaw (Carnegie Mellon University) gab eine Keynote „Progress Toward an Engineering Discipline of Software”. Darin verglich sie Software Engineering als Disziplin mit anderen Engineering-Disziplinen wie dem Bauingenieurswesen. Sie skizzierte die Historie der Gebäudearchitektur über mehrere Jahrtausende und analysierte ihre Entwicklung von Handwerk über die Kommerzialisierung bis hin zum heutigen Engineering auf Grundlage vielfältiger wissenschaftlicher Erkenntnisse.
„Es ist kein Engineering, wenn man sich einfach nur so arg anstrengt wie man kann!“ brachte Mary Shaw den Zustand vieler Software Engineering Projekte auf den Punkt. In ihrem Vergleich kam sie zum Schluss, dass die Zielsetzungen von sonstigem Engineering und Software Engineering nahezu Deckungsgleich sind. Woran es beim Software Engineering noch fehlt sind die fundierten Grundlagen zur Unterstützung von Entscheidungen, mit deren Hilfe reproduzierbare Ergebnisse geliefert werden können.
Gregor Hohpe gab eine Keynote „It’s good to be architect”. Darin verglich er einen Softwarearchitekten mit mehreren anderen Rollen: Master Planner (macht im Voraus einen guten Plan), Gärtner (greift lenkend ein und weiß, dass er nicht alles kontrollieren kann), Tour Guide (erklärt anderen die großen Zusammenhänge und manches Detail). Außerdem skizzierte er den „Architektenaufzug“, mit dem er die Fähigkeit eines Architekten beschrieb, sich auf unterschiedlichsten Abstraktionsebenen mit unterschiedlichsten Stakeholdern geeignet zu unterhalten.
Eine weitere Analogie war der Architekt als Barkeeper, der gerne mixt. Damit spielte Gregor auf die Rolle des Architekten an, in einem sich rasch wandelnden Feld aus Business und Technologie Gelegenheiten zu erkennen und Business und Technologie so zu „mixen“, dass neue Geschäftsmöglichkeiten entstehen.
Zusammen mit Ralf Carbon (John Deere) habe ich einen Vortrag gehalten, in dem wir unsere Erfahrungen zur Wichtigkeiten von Daten beim Design von mobilen Ökosystemen vorgestellt haben. Am Beispiel eines Projekts von John Deere und Fraunhofer IESE haben wir gezeigt, wie vielfältig die Anforderungen und geforderten Qualitätseigenschaften sich um Daten drehen, und welche Architekturentscheidungen dafür getroffen wurden. Der Vortrag zeigte auf, dass Daten beim Architekturdesign zu häufig vernachlässigt werden und erläutert Lessons Learned, die Praktikern helfen können, Daten geeignet zu berücksichtigen.
In einem Battledeck konnten 6 Sprecher einen Vortrag von 6 Minuten halten. Dazu hatten sie 10 Folien, die aber jemand anderes vorbereitet hatte und die sie im Moment des Vortrags zum ersten Mal gesehen haben.
Sam Newman und Simon Brown lieferten sich einen sehr provokanten Schlagabtausch zum Thema pro und contra von Microservices. Dabei ließen sie keine Gelegenheit aus, ihre Position ins Extreme zu ziehen und dem Gegner damit eine Steilvorlage zu liefern.
Len Bass berichtete von den Anfängen seines Berufslebens in den 60ern und war dabei wie immer extrem unterhaltsam und lustig.
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